Zum Inhalt springen
Orgel St. Elisabeth

Die Orgel der Kirche St. Elisabeth

Die Orgel der Elisabethkirche wurde im Jahr 1911 von der Bonner Orgelbaufirma Johannes Klais fertiggestellt. Die Planung sah ein viermanualiges Instrument vor, wobei das vierte Manual als Fernwerk hinter dem Hauptaltar konzipiert wurde. Aus finanziellen Gründen wurde das Fernwerk jedoch zunächst nicht gebaut. Erst 1989/90 gelang es im Rahmen einer Generalüberholung, unter Verwendung von originalen Orgelteilen aus dem Jahre 1910, diesen ursprünglichen Plan in die Tat umzusetzen. Mit einem eigenen Spieltisch versehen erhielt man so eine separat zu spielende Chororgel. Seitdem verfügt die Orgel über 59 Register (48 Register Hauptorgel, 11 Register Chororgel).

Johannes Klais schuf eine der deutschen Spätromantik verpflichtete Orgel mit pneumatischer Traktur. Eine Besonderheit sind hier die Disponierung von Hochdruckstimmen (HD), die der Orgel eine besondere Kraft verleihen. Die Oktavkoppeln sind vollständig ausgebaut, ebenfalls finden sich alle Registergruppen (Prinzipale, Flöten, Streicher, Schwebungen und Zungen) in dem Instrument vertreten. Die Werke der deutschen Romantik, vor allem Max Regers, lassen sich auf dieser Orgel deshalb authentisch interpretieren. Seit 2002 verfügt die Orgel über eine von der Firma Klais konzipierte Setzeranlage.

Die Gehäusegestaltung war durch den Architekten der Kirche (Prof. Ludwig Becker, 1855-1940), vorgeschrieben, um eine optimale Verbindung zum gesamten Kirchenraum herzustellen. Die Bildhauerarbeiten übernahm Prof. Georg Busch (1862 bis 1943), der auch den Herz-Jesu-Altar in der Kirche gestaltete. Die von Becker vorgegebene Raumknappheit auf der Empore zwang Johannes Klais, relativ viele Pfeifen in den Prospekt aufzunehmen. Im oberen Bereich wurden die farbig gestalteten Holzpfeifen zum Gehäuseersatz. Die der Architektur der Kirche nachempfundenen Rundbögen im unteren Bereich sowie die Ornamentik der Verzierungen lassen die Verbindung zur Gesamtarchitektur des Kirchbaus und seiner Innenausstattung deutlich werden. Das Fernwerk/Chororgel wurde nach dem Erfurter Vorbild hinter dem Hochaltar installiert und veränderte die Innenansicht der Kirche nicht. Mit Kirchbau, Innenausstattung und Orgel entstand ein in der späten Romantik idealtypisches Gesamtkunstwerk.

Die Kirche hat die Weltkriege nahezu unbeschadet überstanden, die Inneneinrichtung entging den "Bilderstürmern" der 1950er und 60er Jahre und die Orgel überlebte den Prinzipienstreit der Orgelästhetik des 20. Jahrhunderts um die "richtige" Orgel (viele romantische Instrumente wurden vernichtet oder umgebaut). Sie ist ein Denkmal deutsch-romantischer Orgelbaukunst, weil sie zu den wenigen erhaltenen Instrumenten ihrer Zeit gehört.

Disposition

I. Manual C-g4
Bordun 16’
Principal 8’
Gamba 8’
Gemshorn 8’
Flauto amabile 8’
Doppelflöte 8’
Trompete 8’
HD-Flöte 8’
Oktave 4’
Hohlflöte 4’
Cornett 3-4fach
Rauschquinte 2fach
Mixtur 4fach
Koppel II-I
Koppel III-I
Koppel IV-I
Super I
Super III-I
Super IV-I
Sub II-I
Sub IV-I

II. Manual C-g3
Quintatön 16’
Principal amabile 8’
Viola 8’
Dolce 8’
Unda maris 8’
Gedeckt 8’
Horn 8’
Geigenprincipal 4’
Rohrflöte 4’
Piccolo 2’
Cornettino 3fach
Koppel III-II
Super III-II

III. Manual C-g4
(Schwellwerk)
Lieblich Gedackt 16
Hornprincipal 8’
Salicional 8’
Aeoline 8’
Vox coelestis 8’
Bordunalflöte 8’
Oboe 8’
Fugara 4’
Flauto travers 4’
Flautino 2’
Echomixtur 3fach
HD-Violine 8’
HD-Flöte 8’
HD-Tuba mirabilis 8

IV. Manual C-g4
(Schwellwerk/Fernwerk)
Bordun 16’
Viola 8’
Unda maris 8’
Vox angelica 8’
Philomela 8’
Nachthorn 8’
Trompete 8’
Violine 4’
Spitzflöte 4’
Flageolet 2’
Harmonia äth. 3fach
Tremolo
Super IV
Sub IV

Pedal C-f1
Contrabass 16’
Violon 16’
Subbass 16’
Salicetbass 16’
Echobass 16’
Posaune 16’
Quintbass 102/3’
Violonpricipal 8’
Flötenbass 8’
Bassoctav 4’
Koppel I
Koppel II
Koppel III
Koppel IV
Pedaloctavkoppel

Pedal Fernwerk C-d1
Subbass 16’
Gedackt 8’

Spielhilfen
2 freie / 4 feste Kombinationen
4 x 576 Setzer-Kombinationen (elektro-pneumatisch)

Geschichte der historischen Klais-Orgel

Die Planung der St.-Elisabeth-Orgel läßt sich bis in das Jahr 1909 zurückverfolgen. Den Plan eines zweimanualigen Instruments mit 32 Registern erweiterte man auf den eines dreimanualigen mit 48 Stimmen. Dieses Werk ging im Oktober 1909 bei der Bonner Orgelbau-Anstalt Joh. Klais in Auftrag und wurde wiederum - noch während der Bauzeit - um ein viertes Manual, das für eine Chororgel (11 Register) vorgesehen war, ergänzt. Die große Orgel des Erfurter Domes (Klais, 1906, 83 Register) galt hier mit der Trennung von Hauptorgel (72 Register auf der Westempore) und Chororgel (11 Register hinter dem Hochaltar) offensichtlich als Vorbild.

Bau in Abschnitten

Die Finanzierung dieses Instruments zwang zu einem Bau in Abschnitten. Zunächst entstand die komplette Spielanlage mit 23 Stimmen, die am 1. September 1910 zum ersten Male erklangen. Im Dezember 1911 konnte ein zweiter Bauabschnitt mit der Einweihung der Hauptorgel mit nunmehr 48 Registern abgeschlossen werden. Johannes Klais (1852 bis 1925) erstellte ein vollpneumatisches Werk nach den Dispositions-prinzipien der späten "Deutschen Orgelromantik". Das Instrument zeigt einen "eigenartigen" Werkaufbau: Lingualstimmen, Prinzipal-, Flöten- und Streicherchöre sind unter besonderer Berücksichtigung der Oktavkoppeln vollständig ausgebaut. Klais verwirklichte in den Spielhilfen die Vorstellungen Albert Schweitzers (1906 - "Deutsche und französische Orgelbaukunst und Orgelkunst"), die sich in der "Elsässischen Orgelreform" widerspiegeln.

Die Technisierung der Spielanlage wird vor allem den Erfordernissen spätromantischer Orgelmusik (z. B. Max Reger) gerecht. Der Gesamtklang des Werkes widerlegt das Schlagwort von der "Schrei und Brüllorgel" des beginnenden 20. Jahrhunderts. Das Tutti, das sich aus den kräftigen Stimmen erstellen lässt, zeigt die notwendige Gravität in angenehmer Zurückhaltung. Die Stimmen verschmelzen durch die entsprechenden Mensuren und die wenigen Aliquote in den gemischten Registern. Eine Besonderheit stellen die drei Hochdruckstimmen (HD) des III. Manuals dar. Diese Register werden mit wesentlich mehr Winddruck gespeist und verleihen der Orgel eine Klangkraft, wie etwa die Chamade der französischen Orgel.

Chororgel

Der dritte Bauabschnitt, der die Chororgel betraf, blieb zunächst unberücksichtigt. Finanziell hinderte der erste Weltkrieg dieses Vorhaben (Gelder gingen in Kriegsanleihen verloren), ideell die einsetzende "Deutsche Orgelbewegung" um 1920. Diese verwarf die Pneumatik als Trakturideal, die deutsch-romantischen Dispositionen und die Trennung von Haupt- und Chororgeln. Der barocke Orgeltypus mit seinem Werkprinzip wurde wieder bevorzugt. Erst im Jahre 1989 konnte das Fernwerk (Chororgel) nach den Plänen von 1910 erstellt werden. Durch die Verwendung von original Klais'schen Orgelteilen abgelegter Instrumente aus der Zeit um 1910 gelang ein kleines Werk, das den spätromantischen Klangvorstellungen entspricht und zugleich den liturgischen, von der Liturgiereform geprägten Ansprüchen genügt. Nach der Komplettierung des Werkes durch das Fernwerk/Chororgel erfolgte 1990 eine grundlegende Renovierung der Hauptorgel.

Setzeranlage

2002 erfolgte der Einbau einer elektro-pneumatischen Setzer-Anlage nach den Vorstellungen des Elisabeth-Organisten Winfried Krane. Die Erbauerfirma führte die Arbeiten mit Präzision und künstlerischem Einfühlungsvermögen durch.

Als pneumatische und elektropneumatische Doppelorgel im Klang- und Trakturideal der späten Romantik stellt sich die Elisabethorgel nunmehr als einzigartig im Rheinland dar.